Bei dem 1511 entstandenen Buch verwendete der Autor Johannes Reuchling ganz bewußt die Darstellung einer Brille auf der Titelseite seines Buches. Er meinte die Dinge „besser“ zu sehen als sein Widersacher Pfefferkorn. Bei der abgebildeten Brille handelt es sich um eine Bügelbrille (eventuell aus Leder?) welche ab dem 15. Jahrhundert ihre Verbreitung fand.
Das Buch ist das zentrale Dokument des sogenannten Judenbuchstreites. Man kann ohne Übertreibung sagen, daß es in der Zeit von 1510 bis 1517 kaum einen Humanistenbrief gibt, in welchem nicht der Reuchlin’schen Angelegenheit gedacht wird.
1509 hatte der getaufte Jude Pfefferkorn erreicht, daß die Juden nach einem kaiserlichen Mandat ihre antichristlichen Schriften ausliefern sollten; ja er wollte sogar die gelehrte Welt für die Forderung gewinnen, daß alle Schriften der Juden abgeliefert und vernichtet werden sollten. In dem sich Reuchling diesem Ansinnen versagte, geriet er in den Streit mit der theologischen Fakultät der Universität Köln.
„Der Augenspiegel“ stellt eine Erwiderung auf Pfefferkorns „Handspiegel“ dar. Aus dem Ketzerprozeß, den der Großinquisitor Jakob Hochstraten gegen Reuchling anstrengte, ging dieser auf Grund seiner Appellation in Rom am 29. März 1514 als vorläufig Freigesprochener hervor. Sein Werk wurde jedoch am 23. Juni 1520 von Rom verboten.
Im Jahr 1851 bekam der Terminus Augenspiegel seine bis heute gebräuchliche Bedeutung. Helmholtz erfand ein Instrument, mit dem man das Augeninnere erleuchten konnte und erschloß damit der Diagnostik und Brillenglasbestimmung neue Wege.
Literatur
Buch und literarische Erklärung mit freundlicher Genehmigung vom Antiquariat H.P.Willi, Tübingen