Eine der ältesten und besten Abbildungen einer Brille befindet sich in der Sebastianikapelle im Augustinerchorherrnstift in Klosterneuburg. Auf dem 1437 bis 1439 entstandenen Gemälde des Flügelaltars (Polyptychon) trägt einer der Apostel eine Nietbrille. Diese Brille ist Teil einer der bedeutendsten Malereien im Stil des gotischen Realismus in Österreich.
Der Albrechtsaltar mit dem Leben Mariens
Der Albrechtsaltar besteht aus 24 Tafeln und bekam seinen Namen im weitesten Sinne von König Albrecht II. von Habsburg (Herzog Albrecht V). Gestiftet wurde der Altar nämlich von Oswald Oberndorffer, dem Hubmeister von Herzog Albrechts V bzw. König Albrecht II. für die Karmeliterkirche „Am Hof“ in Wien.
Ein Hubmeister (auch Hubprobst genannt) hatte damals die Aufgabe die Grundherrschaft seines Herren zu verwalten und zu beaufsichtigen. Bis gegen Ende des 18. Jahrhundert – also bis zur Bauernbefreiung – überwachte er die Bauern und zog die Stift ein, welche er an den Grundherr abführte.
Älteste Ansicht des mittelalterlichen Wiens vom Albrechtsmeister
Da der österreichische Maler des von Oberndorffer gestifteten Altars bis heute unbekannt ist, wird er notgedrungen „Albrechtsmeister“ genannt. Dieser „Albrechtsmeister“ war in der Mitte des 15. Jahrhunderts am Wiener Hof als Maler tätig. Unter anderem schuf er als Teil des Albrechtaltars auch die durchwegs bekannte Tafel mit der Goldenen Pforte, welche im Hintergrund die älteste Ansicht des mittelalterlichen Wien’s zeigt.
Nach der Auflösung des Karmeliterklosters, im Jahr 1774, wurden die Tafeln des Albrechtsaltars zersägt nach Klosterneuburg überstellt. Erst im 19. Jahrhundert wurden sie wieder in ihrer ursprünglichen Anordnung zusammengesetzt und zieren die Sebastianikapelle im Augustinerchorherrnstift in Klosterneuburg. Das große Polyptychon zeigt insgesamt vier Szenen aus dem Leben der Jungfrau Maria. Die Szene mit der Nietbrille stellt Marias Tod dar.
Die hier dargestellten Abbildungen zeigen nur einen Ausschnitt des Bildes von Mariens Tod. Die Apostel stehen betend an ihrer Ruhestatt. Ohne der Brille könnte der Apostel wohl das Gebetbuch nicht lesen. Er ist der Älteste von den drei Gestalten, die in das Buch blicken.
Extrem detailreiche Abbildung einer Nietbrille
Das Außergewöhnliche am Albrechtsaltar liegt in der realistischen Darstellung der Personen, deren Gewänder und anderen in den Bildern vorkommenden Objekten. Extrem deutlich kann man die Ausbuchtungen an den Fassungsrändern der Brille – die sogenannten Schließblöcke – erkennen. Um die Schließblöcke wurden Fäden gewickelt und damit die Brillengläser in der Fassung fixiert.